
Dieses hohe Klavier mit der Bezeichnung „Richard Wagner Piano“ wurde in unserer Klavierwerkstatt PIANOHOF in Berlin vollständig restauriert. Die Fotos zeigen den Zustand nach der Restaurierung. Es handelt sich um ein antikes Instrument mit Elfenbein-Klaviatur, klassischer Schellackpolitur und reich geschnitztem Gehäuse – typisch für die Klavierbau-Mode der späten Romantik. Für die Klavierrestaurierung in Berlin haben wir das Instrument technisch und optisch einmal „auf Null“ gesetzt.
Auf der Plakette stand die Bezeichnung „Richard Wagner Piano“, dazu die Seriennummer 9838. Der Hersteller ist nicht eindeutig zuordenbar; der Name verweist klar auf den Komponisten Richard Wagner und wurde im 19. Jahrhundert gern als klangvoller Markenname genutzt.
Bekannt ist, dass die Bayreuther Klaviermanufaktur Steingraeber & Söhne eng mit Wagner verbunden war und spezielle „Richard Wagner“-Modelle baute, unter anderem ein Upright „Richard Wagner Edition“ aus dem Jahr 1877 mit Wurzelnuss-Oberfläche. Dieses Instrument hier trägt jedoch nur die Bezeichnung „Richard Wagner Piano“, ohne Herstellerangabe. Nach Bauweise, Elfenbein-Tasten und Gehäusegestaltung lässt es sich als hohes, repräsentatives Klavier aus der Zeit um 1900 einordnen.
Das Gehäuse ist in Nussbaum und Wurzelholz (Wurzelnuss) ausgeführt. Die hohe Bauform mit langen Saiten und großer Resonanzbodenfläche sorgt für einen vollen, tragfähigen Ton. Zahlreiche geschnitzte Holzornamente rahmen Spieltisch, Konsolen und Oberschwung ein.
Zusätzlich zum originalen Dekor wurden experimentell Gravuren und weitere Zierelemente aufgebracht. Diese nachträglichen Eingriffe haben wir bewusst nicht „unsichtbar“ gemacht, sondern behutsam integriert: lose oder unruhige Partien wurden gefestigt, Kanten nachgearbeitet und die Oberfläche so aufgebaut, dass das Gesamtbild ruhig, aber nicht steril wirkt.
Die Oberfläche wurde komplett neu mit Schellack aufgebaut. Nach dem Abbeizen und Schleifen des alten Lacks haben wir Maserung und Wurzelnuss durch Beizen und Porenfüllen herausgearbeitet. Anschließend erfolgte die Schellackpolitur in vielen dünnen Schichten per Ballen. So entstand eine gleichmäßige, seidige Tiefe, die die geschnitzten Details und das Wurzelholz deutlich zeigt, ohne übertriebenen Hochglanz.
Die weißen Tastenbeläge aus Elfenbein wurden gereinigt, schonend aufgehellt und fein poliert. Kleine Haarrisse und Kantenbrüche haben wir gekittet und passend retuschiert. Ziel war kein „Neuzustand“, sondern ein ruhiges, gepflegtes Erscheinungsbild mit erhaltener Patina. Die schwarzen Tasten wurden gerichtet, poliert und in der Höhe neu egalisiert.
Dieses „Richard Wagner Piano“ besitzt doppelte Messing-Elemente, die wir komplett zerlegt, entoxidiert und poliert haben. Dazu gehören Zierleisten, Schlüsselschild, Pedale und Klaviergriffe. Die gebrochenen Messing-Leuchter wurden verlötet, gerichtet und anschließend gleichmäßig poliert, sodass Reparaturstellen optisch zurücktreten, die ursprüngliche Form aber erhalten bleibt.
Alle Saiten wurden ersetzt, ebenso die Stimmwirbel. Die neuen Wirbel sitzen fest, was die Stimmstabilität deutlich verbessert. Die Dämpfer wurden erneuert, Dämpferfilze angepasst und sauber auf die Saiten eingestellt. Das Ergebnis ist ein kontrolliertes Abklingen, ohne Nachscheppern oder ungleichmäßiges Ausklingen einzelner Töne.
Fertige Filze in der Mechanik (Hammerköpfe, Auflagen, Gleitfilze) wurden ersetzt, ausgeschlagene Lager instandgesetzt. Anschließend haben wir die Mechanik komplett reguliert: Tastenfall, Let-off, Fänger, Spieltiefe und Repetitionspunkt wurden aufeinander abgestimmt. Dadurch spielt sich das Klavier präzise, mit gleichmäßigem Widerstand und einer gut dosierbaren Dynamik.
Das Klavier ist ein hohes Modell mit langen Saiten und großer Resonanzbodenfläche. In Kombination mit der frisch eingestellten Mechanik ergibt sich ein kräftiger, räumlicher Ton mit guter Tragfähigkeit im Bass und klarer Mittellage. Für ein historisches Instrument dieser Bauzeit bietet es damit eine erstaunlich moderne Spielbarkeit – ein antikes Klavier, das nach der Generalüberholung wieder alltagstauglich ist, ob im Wohnzimmer oder im Studio.