
Schellack gehört zu den klassischen Oberflächen im Klavierbau. Die Politur wird in vielen dünnen Schichten von Hand aufgebaut und passt besonders gut zu hochwertigen, oft historischen Instrumenten mit Furnier, Intarsien oder Schnitzereien. Ziel ist eine dichte, harte, aber sehr dünne Oberfläche, die Holzstruktur und Charakter des Instruments betont statt sie zu überdecken.
Bei einer Schellackpolitur tragen wir ein alkoholgelöstes Naturharz mit dem Polierballen auf. Es entsteht kein dicker Lackfilm, sondern eine sehr dünne Schicht, die eng am Holz liegt. Dadurch bleibt die Maserung sichtbar, der Glanz wirkt warm und lebendig und die Oberfläche lässt sich später wieder nacharbeiten, ohne das ganze Gehäuse komplett neu aufzubauen. Die Technik ist arbeitsintensiv, aber sehr kontrollierbar und damit ideal für Einzelstücke.
Schellack eignet sich vor allem für Klaviere und Flügel mit wertigen Furnieren wie Nussbaum, Wurzelholz, Mahagoni oder Palisander. Auch reich verzierte Gehäuse mit Profilen, Schnitzereien und gedrehten Teilen profitieren, weil sich der Ballen in jede Kontur führen lässt und keine harten Übergänge entstehen. Sinnvoll ist Schellack auch dann, wenn ein historisches Instrument optisch wieder an den ursprünglichen Zustand herangeführt werden soll, statt es optisch in ein modernes Standard Hochglanz Schwarz zu verwandeln. Für moderne Gebrauchsgeräte, die nur robust und unempfindlich sein sollen, ist ein industrielles Lacksystem oft praktischer.
Am Anfang steht die Demontage des Gehäuses. Abdeckungen, Türen, Deckel und Konsolen werden abgenommen, Beschläge und Messingteile entfernt und dokumentiert. Der alte Lack wird schonend abgetragen, das Holz kontrolliert und lose Leimstellen oder Furnierschäden werden repariert. Fehlende Furnierteile werden eingesetzt, Kanten ergänzt, Risse geleimt und geglättet.
Anschließend werden die Poren des Holzes gefüllt. Je nach Holzart und gewünschtem Ergebnis arbeiten wir mit Bimsmehl und Schellack oder ähnlichen Füllern, bis die Oberfläche geschlossen ist und keine offenen Poren mehr stören. Dann beginnt der eigentliche Aufbau der Politur. Mit dem Ballen wird Schellack in vielen dünnen Gängen aufgetragen, zwischendurch wird die Fläche geglättet und kontrolliert. So entsteht nach und nach ein gleichmäßiger Film ohne Läufer und Spritznebel.
Zum Schluss wird die Fläche auspoliert. Je nach Wunsch kann das Ergebnis seidenmatt, halbglänzend oder hochglänzend ausfallen. Kanten und Profile werden von Hand nachgezogen, Beschläge gereinigt oder poliert und wieder montiert. Erst am Ende wird das komplette Instrument wieder zusammengebaut und optisch geprüft.
Mit Schellack lässt sich die Oberfläche sehr präzise steuern. Eine seidenmatte Politur betont Struktur und Tiefe des Holzes und wirkt eher klassisch und ruhig. Eine hochglänzende Schellackfläche spiegelt deutlich stärker, bleibt aber optisch weicher als ein moderner Polyester Hochglanz. Bei stark gemaserten Furnieren wie Wurzelholz lässt sich der Tiefeneffekt besonders gut herausarbeiten, weil der dünne Film nicht alles einebnet, sondern das Spiel der Maserung unterstützt.
Klanglich wirkt Schellack eher neutral, weil der Film sehr dünn bleibt und das Holz nicht in eine harte Schicht einbettet. Für Instrumente mit großem Resonanzboden und kraftvoller Akustik ist das ein Argument, die ursprüngliche Bauweise beizubehalten. Optisch bietet Schellack eine lebendige Oberfläche, die nicht wie eine geschlossene Kunststoffschicht wirkt. Kratzer und kleinere Schäden lassen sich lokal nachpolieren, ohne das ganze Gehäuse komplett neu lackieren zu müssen. Das macht die Oberfläche reparaturfreundlich und langfristig nachhaltiger als einmal aufgetragene dicke Kunstharzsysteme.
Schellack ist kein Allzwecklack. In Bereichen mit sehr harter mechanischer und chemischer Belastung, etwa in Gastronomie oder öffentlichen Räumen, ist ein moderner, besonders abriebfester Lack oft die robustere Wahl. Wenn ein Klavier bereits vollständig mit Polyester oder einem anderen modernen System aufgebaut ist und der Kunde exakt diesen industriellen Hochglanz zurückhaben will, ist eine entsprechende Lackierung meist konsequenter als ein kompletter Systemwechsel. In der Beratung entscheiden wir gemeinsam mit dem Kunden, ob Schellack oder ein anderes Lacksystem sinnvoller ist.
Die Kosten hängen nicht nur von der Größe des Instruments ab. Entscheidend ist der Zustand des Holzes, der Umfang der Furnier und Leimarbeiten, die Menge an Profilen und Dekor und die Frage, ob nur das Gehäuse behandelt wird oder parallel auch Technik, Saiten und Mechanik überholt werden. Ein schlichtes, relativ intaktes Gehäuse lässt sich deutlich schneller polieren als ein historischer Schrank mit aufwendigen Profilen, Säulen und Schnitzereien. Für eine realistische Einschätzung sind gute Fotos von allen Seiten und von typischen Schadstellen sehr hilfreich.
Im ersten Schritt reichen uns Fotos oder ein kurzes Video des Klaviers oder Flügels. Auf dieser Basis können wir einschätzen, ob Schellackpolitur sinnvoll ist und mit welchem groben Aufwand zu rechnen ist. Der nächste Schritt ist eine Begutachtung vor Ort oder in der Werkstatt, bei der wir den Zustand von Gehäuse, Mechanik und Akustikteil zusammen betrachten. Danach lässt sich ein konkretes Angebot mit Umfang und voraussichtlicher Dauer formulieren. Bei größeren Projekten planen wir auch Transport und Terminabfolge so, dass das Instrument möglichst wenig Zeit ungenutzt herumsteht.
Nach der Restaurierung braucht die Oberfläche etwas Aufmerksamkeit, aber keinen großen Aufwand. Staub wird mit einem weichen, trockenen Tuch entfernt, ohne aggressive Reiniger oder Silikonhaltige Möbelpflegemittel. Feuchte Tücher nur leicht und ohne Druck einsetzen und stehende Nässe vermeiden. Direkte Sonneneinstrahlung und starke Hitzequellen in unmittelbarer Nähe sollten vermieden werden, um Vergilbung und Spannungen im Holz zu reduzieren. Kleinere Gebrauchsspuren lassen sich bei Bedarf nach einer Zeit gezielt auspolieren, ohne das komplette Gehäuse neu aufbauen zu müssen.
Ob Schellackpolitur für ein bestimmtes Klavier sinnvoll ist, hängt immer vom Instrument und vom Ziel des Besitzers ab. Wir beraten dazu klar und ohne Verkaufsdruck. Wer sein Klavier oder seinen Flügel optisch und handwerklich passend zur Bauzeit restaurieren lassen möchte, bekommt mit einer sorgfältig ausgeführten Schellackpolitur eine sehr hochwertige Lösung. Für eine erste Einschätzung genügt eine Nachricht mit Fotos des Instruments, den Rest klären wir Schritt für Schritt im direkten Kontakt.